Aus der Asche und den Trümmern der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft wurde am 8. Mai 1949 im Parlamentarischen Rat das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verabschiedet.
Nach seiner Ausfertigung und Verkündung am 23. Mai 1949 trat es mit Ablauf dieses Tages in Kraft. Allerdings galt das Grundgesetz nur in drei der vier Besatzungszonen. Dass es als Provisorium gedacht war, kommt darin zum Ausdruck, dass es nicht „Verfassung“ genannt wurde. Dass das Grundgesetz nach 75 Jahren noch immer gilt, ist ein Beweis für seine Stabilität, Kontinuität und Anpassungsfähigkeit.
„Einigkeit und Recht und Freiheit – Das ist es, was das Grundgesetz garantiert. Seit 35 Jahren gilt dieses Versprechen auch für die Menschen in den ostdeutschen Bundesländern. Das Grundgesetz ist eine Erfolgsgeschichte, aber es ist auch ein Auftrag, unsere Demokratie mit Leben zu füllen und zu schützen. Denn was diese Demokratie so besonders macht, ist ihre Fähigkeit zur Erneuerung. Und auf die sind wir dringend angewiesen, wenn wir den Herausforderungen unserer Zeit wie Klimakrise oder Destabilisierungsversuche durch autokratische Staaten begegnen wollen.“ (Britta Haßelmann, Fraktionsvorsitzende Grüne Bundestag)
Denn: Das Grundgesetz versteht die Würde des Menschen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Grund- und Menschenrechte als Auftrag, für den es fortlaufend einzutreten gilt. Zugleich stellt die Ewigkeitsklausel klar: Die Gliederung des Bundes in Länder und deren Mitwirkung bei der Gesetzgebung, die Menschenwürde und die Staatsstrukturprinzipien aus Artikel 20 sind konstitutiv für das Grundgesetz. Dem Grundgesetz ist die reale Verfasstheit der Bundesrepublik Deutschland sowie die rechtliche Stellung ihrer Bürgerinnen nicht egal. Das Grundgesetz enthält eine Werteentscheidung: Es bekennt sich zum demokratischen Rechtsstaat. Dieser Rechtsstaat muss wehrhaft sein. Nie wieder sollen die Feindinnen der Demokratie die freiheitlich-demokratische Grundordnung mit ihren eigenen Regeln aushebeln. Diesem Anspruch fühlen wir uns in besonderer Weise verpflichtet – gerade dieser Tage.
„Dass das Grundgesetz seit 75 Jahren gilt, beweist seine Stabilität und zugleich seine Vielseitigkeit. Das Grundgesetz versteht die Würde des Menschen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Grund- und Menschenrechte als Auftrag, für den es fortlaufend einzutreten gilt. Das ist besonders wichtig, denn Demokratie und Rechtsstaat werden aktuell von innen und außen massiv angegriffen. Wir nehmen diese Gefahr sehr ernst und arbeiten daran, unseren Staat und unsere Gesellschaft widerstandsfähig und stark machen. Dazu gehört unter anderem, das Bundesverfassungsgericht besser zu schützen, die Zivilgesellschaft mit dem Demokratiefördergesetz zu unterstützen und endlich ein Gesetz gegen digitale Gewalt auf den Weg zu bringen." (Katharina Dröge, Co-Fraktionsvorsitzende Grüne Bundestag)
Das Jubiläum ist nicht für alle gleich. Erst vor 35 Jahren hat die friedliche Revolution für die Menschen in der DDR freiheitliche Grundrechte und Demokratie erkämpft. Wir sehen es heute als unsere Verpflichtung an, diesem historischen Auftrag der demokratischen Revolution gerecht zu werden.
Nach dem Prinzip der wehrhaften Demokratie ist das Grundgesetz auch ein Mittel zum Schutz der freiheitlichen Demokratie. Es enthält Möglichkeiten, die Demokratie und ihre Institutionen zu bewahren. Es verteidigt – durch die Ewigkeitsklausel – seine eigenen Grundwerte. Es ermöglicht wegweisende Urteile des Bundesverfassungsgerichts und bewahrt damit nicht nur die Freiheit der heutigen, sondern auch der zukünftigen Generationen. Als gesetzgebende Gewalt ist es unsere Aufgabe, dem Geist des Grundgesetzes Rechnung zu tragen und die demokratischen Institutionen zu schützen. Wir müssen die Gefahr, die von Extremistinnen ausgeht, ernst nehmen und ihr entgegenwirken. Wir müssen unseren Staat und unsere Gesellschaft widerstandsfähig und stark gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen von innen machen – durch eine starke Zivilgesellschaft, durch Bildungsinitiativen, aber auch durch eine konsequente Arbeit der Sicherheitsbehörden. Gleichzeitig müssen wir uns den Cyberangriffen und Spionagefällen sowie den anhaltenden Destabilisierungsversuchen autokratischer Staaten wie Russland, China oder Iran entgegenstellen.
Das immer wieder weiterentwickelte Grundgesetz, hat sich als Garant für Einigkeit und Recht und Freiheit in unserem Land bewährt. Diese besondere historische Leistung gilt es gerade heute neu zu würdigen; denn wir leben in einer Zeit, in der unsere Demokratie von innen und außen bedroht wird und in der sich demokratiefeindliche Einstellungsmuster bis tief in die Mitte unserer Gesellschaft hinein ausgebreitet haben. Dem müssen wir uns als Demokratinnen gemeinsam entgegenstellen und entschlossen handeln.