Auch wir Grünen können den dringenden Wunsch der Anwohner nach Entlastung von Verkehr und Lärm verstehen und nachvollziehen.
Trotzdem möchten wir umsichtig mit diesem Thema umgehen, uns nicht in äußerst riskante, finanzielle Abenteuer begeben und keine falschen Versprechungen machen. Wir wollen Klarheit schaffen. Für die Planung von Straßen ist üblicherweise das Land zuständig und die Planungskosten übernehmen Land und Bund.
Da nicht überall gleichzeitig geplant und gebaut werden kann (dafür fehlen Planungsbüros und Baufirmen), hat das Land eine Priorisierung vorgenommen, die die Dringlichkeit nach Verkehrsaufkommen, Unfallaufkommen oder der Anzahl der betroffenen Anwohner usw. berücksichtigt. Nach dieser Priorisierung kann die B 311 nach 2025 geplant und gebaut werden (Projekte wie der Ausbau der B 31 oder der B 27 wurden sinnvollerweise als dringlicher eingestuft).
Wenn der Landkreis Sigmaringen sich jetzt für ein privates Planungsbüro ausspricht, tritt er mit dem Land in Konkurrenz zu den ohnehin gering vorhandenen Planungskapazitäten. Ob es dem Kreis dann noch gelingt, ein preisgünstiges, gutes Planungsbüro zu finden, dass die Bundesstraße bis zur Planfeststellung ausreichend gut plant, bleibt offen. (Das sind die Vorgaben des Verkehrsministeriums, denn angefangene Planungen möchte das Verkehrsministerium verständlicherweise dann nicht weiterführen.) Auf die Umsetzung der Planung durch das Land besteht kein Anspruch, betonte unser Verkehrsminister Hermann auf meine Anfrage.
Das Wort „vordrängeln“ stelle ich zur Disposition, aber ein sehr teures Risiko bleibt es, denn das Kostenrisiko für den Kreis beläuft sich auf circa 6,5 – 8,6 (Südkurier v. 05.04.19) Millionen Euro. Die betroffenen Kreisgemeinden Krauchenwies, Inzigkofen, Sigmaringendorf und Meßkirch würden nochmals ca. zwei Millionen Euro beisteuern müssen:
- Steuergelder, die für ein Risikoprojekt eingesetzt werden und
- Kosten, für die eigentlich das Land zuständig wäre und die das Land auch übernehmen würde, wenn man sich dem Priorisierungsplan unterordnen würde,
- Gelder, die man für eine komfortable Schülerbeförderung vom Heuberg nach Sigmaringen und anderswo, für einen hervorragenden Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs im ganzen Kreis und für den Ausbau des Schienennahverkehrs nutzen könnte und
- Finanzmittel für den gesamten Kreis und für alle Bevölkerungsschichten.
Ein weiteres Risiko liegt darin, dass noch nicht einmal sicher ist, welche Trasse die private Planungsgesellschaft planen soll. Hier wird immer wieder von der sogenannten „Nordtrasse“ gesprochen, aber auch die Inzigkofen Bürgerinitiative hat einen bemerkenswerten Plan entworfen. Ob bei dieser Entscheidung die Bürgerinitiativen mitsprechen dürfen steht in den Sternen, denn eine private Planungsgesellschaft muss keine Transparenz herstellen.
Unser Vorschlag der kleineren Lösungen ist eine Alternative zum Scheitern der „großen Lösung“. Schauen wir nach Pfullendorf, wo die Ortsumfahrung zum Teil schon gebaut ist und der zweite Bauabschnitt dieses Jahr begonnen wird. Auch an der B 27 konnte ich einigen Bürgermeistern zum Planungsbeginn ihrer Ortsumfahrung gratulieren (Schömberg und Dotternhausen).
Der Weg der Grünen war hier eine Fahrt zum Erfolg, die CDU hat es leider seit Jahrzehnten verpasst, Alternativen für die „ große Lösung“ vorzulegen. Deshalb gab es in den letzten Jahrzehnten keine Erleichterungen für die geplagten Anwohner. Und diese „Fahrt ins Ungewisse“ möchte die CDU weiterfahren und jetzt auch noch eine hohe Summe an Steuergeldern dafür riskieren.
Es müsste auch zu denken geben, dass Sigmaringen der einzige Kreis in Baden-Württemberg ist, der seine Bundesstraße selbst auf eigene Kosten planen möchte. Ravensburg und der Bodenseekreis sind aus einer solchen riskanten Aktion bereits ausgestiegen.
In meinen Augen sind wir hier nicht das mutige gallische Dorf, dass dem Land zeigt, wie es richtig geht, sondern mit dem Vorschlag der CDU entwickeln wir uns zum Geisterfahrer, der nicht wahrnimmt, dass alle anderen baden-württembergischen Kreise eine andere Richtung nehmen.
Ich stimme Frau Landrätin Bürkle aus voller Überzeugung zu: Politik ist das Setzen von Prioritäten. Unsere grünen Prioritäten liegen nicht bei Asphaltautobahnen, Risikoaktionen und deren schnelles Durchpeitschen im Kreistag. Unsere Prioritäten liegen beim öffentlichen Personennahverkehr für alle Bürgerinnen und Bürger, praktikablem Schülerverkehr, bei Transparenz und überlegten Entscheidungen.
Andrea Bogner-Unden MdL
Abgeordnetenbrief und Antwort von Verkehrsminister Winfried Hermann zur Planungsgesellschaft B311/B313: